Am 9. November jährt sich die Reichspogromnacht zum 87. Mal. Du willst mitreden, aber der Geschichtsunterricht war zu langweilig. Und du hast keine Ahnung, was das ist. Dann lies mal hier.
Reichspogromnacht beschreibt den 9. November 1938. Pogrom bedeutet: Ausschreitung, Gewalttätigkeit, Hetzjagd. An diesem Tag kam es zu massenhaften Angriffen auf jüdische Geschäfte, Synagogen, jüdische Friedhöfe. Mehr als 1400 jüdische Einrichtungen wurden angegriffen, zerstört und teilweise in Brand gesetzt. „Der Begriff 'Reichspogromnacht' ist aber nicht ganz zutreffend”, erklärt Stefan Dietl, Mitorganisator der Aktionswochen gegen Antisemitismus in Amberg und Sulzbach-Rosenberg. „Die Ausschreitungen begannen am 7. November und zogen sich über mehrere Tage, das war nicht nur eine Nacht.” Heute spricht man also von den November-Pogromen.
Vielleicht hast du schon mal von der Reichskristallnacht gehört. „Kristall” bezieht sich auf die zerbrochenen Fensterscheiben der jüdischen Geschäfte und Synagogen. Diesen Begriff prägte die nationalsozialistische Propaganda und verharmlost die Gewalt und Zerstörung. Deshalb sollte dieser Begriff nicht mehr verwendet werden. Mehr als 1000 Jüd*innen kamen bei den Pogromen zu Tode, mehr als 30.000 wurden grundlos verhaftet.
Die Angriffe auf das jüdische Leben haben im ganzen Jahr 1938 massiv zugenommen. Es gab auch vor dem 9. November immer wieder Angriffe und Boykottaufrufe gegen jüdische Geschäfte. Die Nationalsozialisten haben im ganzen Jahr ihre anti-jüdische Politik verschärft.
Als Vorwand für die November-Pogrome nahmen die Nazis den Mord an dem NS-Diplomaten Ernst Eduard von Rath. Von Rath wurde am 7. November angeschossen, am 9. November verstarb er. Daraufhin ging die Partei NSDAP und die Sturmabteilung (Kampforganisation der NSDAP) gegen jüdische Bürger brutal vor.
„Leider gab es eine massenhafte Beteiligung an diesen Angriffen”, erklärt Dietl. Es gab wenige Fälle, in denen sich Menschen dem entgegenstellten und Jüd*innen halfen. „Das waren aber leider nur Einzelfälle.” Die überwiegende Mehrheit blieb einmal mehr stumm oder beteiligte sich an den anti-jüdischen Ausschreitungen.
„Den meisten – das wird aus Tagebuchaufzeichnungen und Briefen deutlich – wurde nochmal eindeutig klar, welcher Gefahr Juden und Jüdinnen ausgesetzt sind”, sagt Dietl. Für sie war es kaum möglich, unter dem NS-Regime zu leben. Die Ausreise von Jüd*innen hat sich ab dem 9. November noch einmal verstärkt
„Ich denke, wir müssen uns stark machen und laut sein gegen jeden Antisemitismus, gegen Ausgrenzung und Diskriminierung”, sagt Dietl. Dazu gehöre auch, aufzuklären, was damals geschah. „Wir sollten sowohl an die Opfer erinnern als auch die Täter benennen.” Auch müsse man sich an die Seite stellen von Jüd*innen, die jetzt wieder bedroht sind. „Jetzt, in einer Zeit, in der die Bedrohungslage von Jüd*innen in diesem Land wächst.”